Wilhelm Höpflinger

30.09.1853 - 17.01.1929

Der aus Thüringen zugewanderte Wilhelm Höpflinger stammte aus ärmlichen Verhältnissen. Aus heutiger Sicht hat er große Bedeutung für die Industrialisierung in der Stadt Schweinfurt zum Ende des 19. und  Beginn des 20. Jahrhunderts.

Wilhelm Höpflinger kam im Jahre 1873 als Schlosser mittellos nach Schweinfurt. Im Jahre 1928 starb er als Geheimer Kommerzienrat und Generaldirektor der weltweit bekannten und aktiven Firma Fries & Höpflinger.

Höpflinger wurde am 30. September 1853 als drittes (uneheliches) Kind der Johanna Elisabeth Völker geboren. Sein Vater war der Fuhrmann Johann Georg Höpflinger. Nachdem er eine Schlosserlehre hinter sich gebracht hatte, kam er im Alter von 20 Jahren nach Schweinfurt und arbeitete hier bis zu seinem 35. Lebensjahr im Betrieb der Firma und Joachim in der damaligen Produktionsstätte am Marienbach. Bereits in dieser Zeit engagierte er sich in außergewöhnlicher Weise für seine Kollegen und wurde Mitbegründer des Fachvereins für Metallarbeiter, eine Art Vorgänger der späteren Gewerkschaft.

 

Bereits in den frühen Schweinfurter Jahren hatte Höpflinger seine spätere Frau Dorothea Geiß kennengelernt, die Tochter eines Zimmermanns. Mit ihr bekam er in den Jahren 1875 und 1876 seine beiden Töchter Ernestine und Betty. Zur damaligen zeit lebte die Familie in der Judengasse 21. Freidrich Fischer, der im Jahre 1883 seine berühmte Kugelmühle zu konstruieren begann, suchte neue Mitarbeiter und fand 1887 mit Höpflinger den "besten Arbeiter", den er abwarb.

 

 

Im Jahre 1888 gelang Höpflinger einen Fräsapparat für die Kugelmühle, wodurch es gelang exakte runde Kugeln herzustellen, was letztendlich den Durchbruch zur industriellen Produktion von Kugeln möglich machte. Engelbert Fries war als Vertreter für Stahlkugeln ebenfalls bei Fischer tätig und entschloss sich, nach einem verweigerten Weihnachtsgeld im Jahre 1889 die Firma zu verlassen und selbständig tätig zu werden. Er überzeugte auch Höpflinger und gemeinsam gründeten sie am 15. Mai 1890 die Firma Fries & Höpflinger mit einer ersten Produktionsstätte in der Bauerngasse 7 (heutige Adresse Zeughaus 7). Als dort durch Höpflinger die Kugelmühle nachgebaut wurde, klagte Fischer gegen die neu gegründete Firma mit dem Resultat, dass Fischer zwar als Patentinhaber bestätigt wurde, Höpflinger jedoch ein kostenfreies Nutzungsrecht zugesprochen bekam, sodass die der Produktion von Gußstahlkugeln nichts mehr im Wege stand. Bereits nach kurzer Zeit hatte die Firma Fries & Höpflinger Großabnehmer wie Opel Rüsselsheim und viele Unternehmen auch im Ausland. Die Umsätze wuchsen stetig. Mit dem Firmenzeichen, dem Löwen, wurde die Marke weltweit bekannt.

Fries & Höpflinger auf dem Gelände des heutigen Einkaufszentrums ECE
Fries & Höpflinger auf dem Gelände des heutigen Einkaufszentrums ECE

Im Jahre 1982 ließen F & H zwischen Schramm- und Schultesstraße auf einem großen Gelände die Fabrikanlage Frieß & Höpflinger errichten. Innerhalb kurzer Zeit (bis ca. 1895) wuchs die Zahl der Beschäftigten von 17 auf 85 und es wurden jährlich 24 Millionen Kugeln produziert. 1896 erfolgte die Umwandlung in eine Aktiengesellschaft. Mit dem Einstieg von Banken und Kapitalanlegern ging das Alleinbestimmungsrecht verloren, vom Erfolg von F & H angestachelt gründeten viele Unternehmer Nachahmerfabriken und damit starke Konkurrenz. Interne Probleme verschärften die Lage, da es angeblich Qualitätsprobleme gab, für die plötzlich Höpflinger verantwortlich sein sollte. Der Aufsichtsrat stellte diesem einen Berliner Ingenieur zur Seite. Höpflinger, der sich weiterhin gerne in Arbeiterkleidung fotografieren ließ, war von der Belegschaft geliebt. Diese, die inzwischen auf 700 Beschäftigte angewachsen war, stellte sich hinter Höpflinger und trat im August 1897 in den Streik.

Höpflinger (Bildmitte), Schwiegersohn Ernst Sachs (links), Enkel Willy Sachs (rechts), die Töchter Ernestine Baier und Betty Sachs
Höpflinger (Bildmitte), Schwiegersohn Ernst Sachs (links), Enkel Willy Sachs (rechts), die Töchter Ernestine Baier und Betty Sachs
Höpflinger mit seinem Fahrzeug - eine Attraktion in Schweinfurt
Höpflinger mit seinem Fahrzeug - eine Attraktion in Schweinfurt

Im Anschluss an diesen Streik kam es zu einer offenen Auseinandersetzung zwischen Fries und Höpflinger, da Fries seinen Partner beschuldigte, den Streik provoziert zu haben. Diese endete mit dem Auscheiden Höpflingers aus der Firma im November 1987. Die Firma hieß von nun an "Deutsche Gußstahlkugelfabrik A.G. vormals Fries & Höpflinger". In der Folgezeit brach das Firmengeschäft ein und die Zahl der Mitarbeiter sank bis März 1898 auf nur noch 160. Um den Wert Höpflingers wissend bat man diesen, wieder zurückzukommen und ab Oktober gehörte Höpflinger dem Aufsichtsrat der AG an. Im Jahre 1900 kehrte er an seinen alten Posten des technischen Direktors zurück. Im Laufe des Jahres 1901 ging es mit der Firma wieder aufwärts und dank Höpflingers Erfindungsgeist wurde die Produktion von Kugellagern forciert und die Qualität konnte erheblich verbessert werden. Dreizehn Patente wurden angemeldet, darunter ein Führungskorb für Laufringkugellager, eine besondere Leistung Höpflingers.

Zu einer echten Versöhnung zwischen Fries und Höpflinger kam es nicht mehr.

Ab 1904 boomte die Firma enorm. Ein Lieferabkommen mit der Schweinfurter Firma Fichtel & Sachs förderte die Entwicklung der Firma enorm. 1903 brachte Höpflingers Schwiegersohn Ernst Sachs mit der Erfindung der Torpedo-Freilaufnabe einen echten Renner auf den Markt, die bis in die 1980er-Jahre eine Monopolstellung auf dem Fahrradmarkt hatte. Die Kugeln hierzu lieferte natürlich die "Deutsche Gußstahl- und Maschinenfabrik", der neue Name der ehemaligen Firma Fries & Höpflinger.

1912 traf Höpflinger ein schwerer Schlag, denn seine Frau Dorothea verstarb. Sein Privatleben verbrachte er in kommenden Jahren vor allem mit seinem Schwiegersohn Ernst Sachs auf der Jagd. Mehrere Wochen verbrachte er hier jährlich auf dem Jagdgut Rechenau in Oberbayern. Höpflinger und Sachs schätzten sich sehr. Höpflinger half auch finanziell gerade in der Anfangszeit der Firma Fichtel & Sachs, die sonst den Banken ausgeliefert gewesen wäre.

Bis zum Jahre 1914 verzehnfachte sich die Zahl der Beschäftigten auf 2000. Im Jahre 1915 gab es eine große und pompöse Feier zum 25-jährigen Bestehen. Der Erste Weltkrieg brachte jedoch einen Einbruch. Kugellager spielten in der Rüstungsindustrie keine entscheidende Rolle. In dieser Zeit wurden jedoch Granatzünder produziert, die einen großen Absatz fanden.

Im Jahr 1912 erhielt Höpflinger auch den Titel "Kommerzienrat". 1924 wurde er zum "Geheimrat" ernannt.

Zuvor, im Jahre 1916, heiratete Höpflinger die 29 Jahre jüngere Tochter eines Hofjagddirektors aus München. Die ungleiche Ehe dauerte lediglich 2 Jahre.

 

1927 wird die Firma wieder umbenannt in "Fries & Höpflinger". Die Abhängigkeit von Fichtel & Sachs war jedoch enorm. Im gleichen Jahr beruft Ernst Sachs Höpflinger in den Aufsichtsrat von Fichtel & Sachs, da er ihn unbedingt als Berater in der Firma haben wollte. Doch bereits ein Jahr später

verstirbt Höpflinger im Alter von 74 Jahren. (17. Januar 1928).

Unter großer Anteilnahme der Bevölkerung wurde er im Hauptfriedhof beerdigt.

1929 wird "Fries & Höpflinger" von SKF gekauft und es entstanden die "Vereinigten Kugellagerfabriken, VKF".

 

Nahe des Hauptbahnhofs erinnert die Wilhelm-Höpflinger-Straße an ihn.

 

Teilschuldverschreibung Fries & Höpflinger aus dem Jahr 1928
Teilschuldverschreibung Fries & Höpflinger aus dem Jahr 1928

Zwei Aktien der amerikanischen Company befinden sich im Stadtarchiv, im achtbändigen Werk von Engelbert Fries (1861-1946). Der war Miteigentümer und kaufmännischen Leiter der Deutschen Gussstahlkugelfabrik, Höpflinger war technischer Leiter.

In den USA war der technische Leiter Höpflinger als Fachmann offensichtlich so hoch geschätzt, dass man sein Konterfei auf einer Vorzugsaktie verewigte.