Das versunkene Dorf Adelshausen

Wo heute die Eisenbahn zwischen Eßleben und Bergtheim zum weiten Bogen um die Ortschaft Opferbaum ansetzt, ist gegen Theilheim zu hinter einer kleinen Anhöhe ein Talgrund. Da lag vor langer Zeit das stattliche Bauerndorf Adelshausen. Etliche zwanzig Häuser soll es gezählt haben. Seine Bewohner waren fleißige Leute, freundlich gegen Fremde und gutherzig gegen Arme und Bedürftige. Auf den Feldern wuchs bestes Getreide und die Wiesen lieferten genug Futter für ein weithin begehrtes Vieh, so dass Wohlstand im Dorfe herrschte. Die Bauern hielten mit sparsamen Händen zusammen, was ihr Fleiß eintrug, und wurden reich. Sie blieben aber den einfachen, alten Sitten treu und waren glücklich. Ihren Kindern und Kindeskindern verdrehte der Reichturm Kopf und Herz. Sie wurden geizig, hartherzig und gottlos, verschwendeten andererseits jedoch ihr Geld für unnützen Tand und Vergnügen. So waren sie mit dem guten Namen ihres Dorfes bald fertig und machten ihre Heimstätte verrufen und gescheut. Die alten Leute erhoben zuweilen mahnend ihre Stimme, doch die Jugend hörte nicht darauf. Die Verblendeten schlugen alle guten Lehren in den Wind und sagten: was brauchen wir uns schelten zu lassen, mieden auch die Kirche und saßen hinter Spiel- und Zechtischen. Sie verspotteten die Alten und führten gotteslästerliche Reden.

Doch das Strafgericht blieb nicht aus. In einer grauenhaften Gewitternacht tobten die Elemente so entsetzlich, dass auch die Mutigsten sich in Ecken verkrochen. Endlich fuhr ein blendender Blitz ins Dorf, ein gräßlicher Donnerschlag erschütterte die Luft, die Erde tat sich auf und das verrufene Dorf versank mit Mann und Maus in die Tiefe. Wer anderen Tags des Weges kam, wusste nicht, wie ihm geschah, als er nur eine öde Stätte erblickt, wo sonst das schmucke Dorf gelegen war. Die Leute gingen scheu zur Seite, und der Talgrund blieb verrufen. Lange Zeit wagte niemand diesen Ort zu betreten. Man sagte, dort sei es nicht geheuer und man könne sich leicht verirren. Denn die Wege hörten plötzlich auf und waren zum Teil vom Unkraut überwachsen und manchen hat es da auch schon irre geführt.

Erst spät , sehr spät, gingen die Bauern der angrenzenden Dörfer daran, die Markung aufzuteilen. Es waren die Orte Theilheim, Schwanfeld, Eßleben und Waigolshausen. Von dieser Teilung soll der Name von Theilheim herrühren, das ursprünglich Talheim hieß, weil dort die Teilung geschah und dieser Ort das meiste empfing.

Nun geschah es, dass die Bürger von Opferbaum gerade einen neuen Kirchturm bauten und neue Glocken hineinhängen wollten. Da kamen Bürger, die in dem ihnen zugewiesenen Talgrund geackert hatten und erzählten, man höre dort ein wunderbares Glockengeläute aus der Tiefe klingen. Alsbald eilte alles zu der angezeigten Stelle und lauschte mit Verwunderung den Klängen aus der Tiefe. Und siehe, die Töne verbanden sich zu den Worten und jedermann hörte es deutlich: Bim bam, bim bam, in Opferbaum will ich hang. Das deuteten alle als einen Wink des Himmels, holten Hacken und Schaufeln herbei und fingen an, dem Glockenklang nachzugraben. Und immer wieder hörte man: Bim bam, bim bam, in Opferbaum will ich hang. So kam man sicher zum Turm und zur Glockenstube tief in die Erde, wo die Opferbaumer auch die Glocken des versunkenen Dorfes fanden. Sie schafften sie mit vieler Mühe heraus, zogen sie ans Tageslicht, luden sie auf Wagen, führten sie in feierlichem Zuge nach Opferbaum und hängten sie in den neuen Turm, wo sie heute noch hängen sollen. Mit jedem Schlage erinnern sie die Bewohner von Opferbaum an das traurige Schicksal des untergegangenen Dorfes Adelshausen.

Sonst zeugen nur noch die Flurnamen der Gemeinde Waigolshausen "Am Adelshäuser Weg" und der Gemeinde Schwanfeld und Eßleben "zu Olzhausen" und "Otelshausen" von dem versunkenen Dorf.

 

 

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