Erinnerungen an den Schweinfurter Mee

von Horst Kraus

 

 

            Die nachfolgenden Verse sind aus zeitlicher und örtlicher Ferne entstanden, indem sie Bezug auf die 50er und frühen 60er Jahre nehmen und  ich seit mehr als die Hälfte meines Lebens im Ausland lebe. Die Jahre sind mir schneller davon geeilt als es mir lieb wäre; um so lieber (wenn auch mit Wehmut) trägt einen da die Erinnerung immer wieder einmal in die Vergangenheit zurück, zumal das Langzeitgedächtnis dem Alter glücklicherweise ja relativ gut trotzt. Für mich zählen die genannten Jahre, die Jahre meiner Kindheit, die sehr stark mit Oberndorf verbunden waren, mit zu den schönsten meines Lebens. Der Oberndorfer Park und der Main spielten dabei eine herausragende Rolle. Letzterer vor allem auch deshalb, weil mein und meines Freundes Vater oft, und oft auch gemeinsam, zum Angeln gingen, wobei wir Kinder meistens mit von der Partie waren ...

 

            Inwieweit meine Verse einem echten Schweinfurter Dialekt gerecht werden, der sich mit der Zeit ja ändert und wahrscheinlich auch immer mehr verloren geht, möchte ich nicht beurteilen. Was ich versucht habe, ist, zumindest die Sprache wiederzugeben, „die mer als Kinner g´sproch´n hamm“. Die Wiedergabe allerdings der exakten Lautung mit den Mitteln hochdeutscher Schreibweise stellt manchmal vor kaum zu überwindende Schwierigkeiten. -

 

 

 

                                                                                                                                  Horst Kraus

 

                                                                                                                                  Jerez ,  2023

 

 

 

 

Erinnerungen an den Schweinfurter Mee

 

(meinem früh verstorbenen Kindheitsfreund Josef Holzschuh gewidmet)

 

 

 

Schweinfurt un´ Obberndorf am Mee,

 

den, immer wenn i an euch denk,

 

i stets als erstes vor mir seh´.

 

Wo Flößer i mit langer Stak´n

 

nach Raf´ld no getriebm seh´,

 

wo noch vom Leinritt manche Stee

 

am Ufer aus der Erd´n rag´n.

 

 

 

Dort, wo die Strömung durch die Arm´

 

der Buhner sich in Wirbel bricht,

 

dort fängt mer riesengrosse Bar´m.

 

Un´ nachert geht´s ´nei´s "Woche´end"

 

wo mer a kühles Bierle kricht,

 

bevor mer hemmzugeh´n gedenkt.

 

 

 

Mir Kinner sin´ im Sommer gern,

 

´rum g´streunt, mei allerliebster Mee,

 

an deiner Ufer nah und fern -

 

wie tat uns da die Zeit vergeh´ !

 

Schiffli ha´mer schwimmer lass´,

 

aus Rind´n selber g´schnitzt,

 

da war´n die Hos´n schnell pitschnass;

 

die Bee war´n immer aufgeritzt,

 

denn auf die Weid´n simmer ´nauf,

 

ha´m dort in Elsternester g´schaut,

 

un´ nunnergschpezt auf deinen Lauf. -

 

Au´m Hemmwech ham´mer Obst geklaut.

 

 

 

Schwarz angeln simmer manchmal ganger

 

(vom Vatter ´s Angelzeuch geklaut),

 

ha´m manchmal aa ä Rotach g´fanger

 

ha´m ´s dir dan widder a´vertraut,

 

du guter, alter Mee !

 

Ach, die Erinn´rung tut so weh.

 

Schönne Oberndorfer Zeit,

 

du liegst zurück so weit.

 

 

 

Wie oft simmer den Pfad entlang

 

zur Gerolzhöfer Brück.

 

Maschinerlärm herüber drang

 

aus die Fenster der Fabrik.

 

Der alte Hafen winzig klee,

 

vom Rost es Wasser braun.

 

I seh´ vor mir  die Schrottpress´ steh´,

 

die lärmt, es war zum Grau´n.

 

Jetzt donnert noch der Zug vorbei,

 

der ´nauf nach Bamberch fährt,

 

sei´ Rauch zieht in die Nas´n ´nei,

 

da fällt es Schnaufen schwer.

 

 

 

Am Fischerree die Treppen no,

 

unner die Gleis´ un´durchs Tunnell,

 

dort stinkt´s wie in ´em Bierzeltklo

 

schnell durch, gleich wird´s scho widder hell.

 

Un´dort warst Du, mei lieber Mee,

 

wo i jetzt mi´m Vatter steh´,

 

der Köderfischli fängt,

 

wo in der stark´n Strömung sich

 

die Schnur aa ´mal am Grund verhängt.

 

 

 

Dann geht´s entlang an deinerm Lauf

 

durch die Wehr zur Bucht hinauf

 

am düstern Schwarzen Loch vorbei.

 

Wehrhäusle eins, Wehrhäusle zwei *-

 

viel ei´geritzte Schmiererei.

 

Links versteckte stille Baut´n,

 

wo´s Blesshuhn und die Bisamratt´n

 

sich selten aus´m Schilf ´naus traut´n,

 

weil se doch dort ihr´ Nester hatt´n.

 

 

 

Raus aus der Wehr, im Sonnerlicht

 

da licht die Gees so schö.

 

Drü´m sin die Weinberch jetzt in Sicht,

 

es Schloss grüsst vo´der Höh´.

 

Aa wenn die Brombeer´n un´ die Schleh´n

 

ganz stachlert an dei´m Ufer steh´n -

 

hü´m prangt der Wies´n Blüt´npracht

 

Dir, lieber Mee, zur Ehr´ gedacht:

 

Pechnelken neben Klatschmohn spriess´n,

 

Margaritten, Sauerampfer –

 

ä grosser sandbelad´ner Dampfer

 

wirft Well´n an Land, sie zu begiess´n.

 

 

 

Zwee Pfädli geh´n dort ´nauf zur Bucht;

 

wo mer a Angelplätzler sucht ...

 

Hat dann a grosser Hecht gebiss´n,

 

abber die Angelschnur zeriss´n,

 

wird ganz gewaltig auf ner g´flucht.

 

 

 

Un´ wenn die Kehl´n recht trocken war´n,

 

wurd´mit der Fähr´n kurz ´nüber g´fahr´n

 

für ä paar kühle Fläschli Bier.

 

Dävo´ ha´m aa mir Kinner g´soff´n;

 

wie is´ uns des gurt ´neigeloff´n

 

un´ gurt schmeckt´s heut´noch mir !

 

 

 

Zieht abber ´mal  ä  G´witter auf ,

 

vergeblich schützt ä Weid´nbusch

 

vor so ´em stark´n Reech´ndusch.

 

Doch´s bissler Nass – da pfeiff´i d´rauf,

 

da mach´ i mer kee Sorch´n,

 

sitz ja an´n Vatter g´schmiecht geborch´n !

 

 

 

Packt der am Schluss die Sachen z´amm;

 

un´geht´s mi´m Rad nach Haus.

 

Aa wemma gar nix g´fanger hamm

 

a schönner Taach is´ aus !

 

 

 

Du bist kee Amazonas-Strom,

 

mei lieber alter Mee,

 

kee Mississippi un´ kee Don,

 

doch wenn i auf mei Kindheit seh´:

 

du gabst mer so viel Glück –

 

ja, wenn i auf mei Kindheit seh,

 

wünscht´ i die gern zurück !

 

 

 

* (Wollt´s gern mit “eens” un´ “zwee” verfass´n,

 

    doch hatt´s der Reim net zugelass´n !)