Bischof Julius Echter und das Reichsdorf Gochsheim

von Leo Jäger

 

 

Bischof Julius Echter und das Reichsdorf Gochsheim  

Am 11. Januar 1575 schloss der Würzburger Fürstbischof Julius Echter von Mespelbrunn mit den beiden Reichsdörfern Gochsheim und Sennfeld einen Vertrag, durch welchen der jeweilige Bischof von Würzburg „ewiger und unwiderruflicher Schutz- und Schirmherr“ dieser reichsunmittelbaren Orte wurde (Kopie in der Gochsh. Pfarr-Reg.Fasz.Bestellung der Reichsschultheißen. Vgl. auch Stein, Mon.Suinfurt. S. 560 Nr. 138).

Der Bischof erhielt dadurch die Rechte eines im Namen des Kaisers gebietenden Vogtes, nicht die eines Landesherrn.

Eingriffe in die Kommunalverwaltung waren ihm nicht erlaubt. Die Dörfer blieben unabhängige, sich selbst verwaltende Gemeinwesen, die ihre geistlichen und weltlichen Angelegenheiten durch die frei gewählten Reichsschultheißen und Dorfgerichte selbstständig ordneten. Alle althergebrachten Rechte und  Freiheiten, sowie die uneingeschränkte öffentliche Religionsausübung nach der Augsburger Konfession wurden ihnen ausdrücklich  garantiert.  

 

Ihre Verpflichtungen dem Bischof gegenüber beschränkten sich im Wesentlichen auf den Eid den sie ihm als Reichsvogt zu schwören hatten und auf die pünktliche Bezahlung des Vogtgeldes und der Reichssteuer. Durch die kaiserliche Genehmigung die am 26. November 1576 erfolgte (Kopie im k. Archiv Bamberg. Ebr. Akten Nr.19. Vgl. Mon. Suinfurt. S. 561.Nr.140) wurde der Vertrag sanktioniert.

 

Über die Gründe welche die beiden Reichsdörfer Gochsheim und Sennfeld hatten  um den Vogteiherren zu wechseln kann nur spekuliert werden. Sie mussten  jedenfalls  sehr bald erkennen, dass der vermeintliche kluge politische Schachzug sich in der Folgezeit als schwerer taktischer Fehler herausstellte.

 

Ein tumultartiger Vorfall im Jahre 1592, der das Signal zum Kampfe gab   veränderte die Anfangs harmonische Zeit mit dem Fürstbischof von Würzburg als Reichsvogt und dunkle Wolken zogen herauf am politischen Firmament der Freien Reichsdörfer.

Die Veranlassung war das Ableben des auf Schloss Mainberg residierenden  fürstlich würzburgschen Oberamtmanns Christoph Heinrich von Erthal, der seinem Wunsche entsprechend in der Gochsheimer Pfarrkirche St. Michael, wo die von Erthal ihr Erbbegräbnis hatten, beigesetzt werden sollte. Der Reichsschultheiß Jonas Merz erteilte zwar die Erlaubnis zur Beisetzung, betonte jedoch nachdrücklich, dass dem  protestantischen Ortsgeistlichen die Besorgung des Üblichen überlassen werde müsse und dass katholische Zeremonien in der Kirche nicht geduldet würden.

Die Hinterbliebenen fügten sich darein und ließen die eigentliche Leichenfeier

In Mainberg halten.

Als jedoch der Leichenzug mit den katholischen Geistlichen  des Amtsbezirkes Mainberg an der Spitze  im Dorf erschien gerieten die Bauern wahrscheinlich in der Meinung es sei auf  eine Verletzung des Religionsexerzitiums abgesehen in die größte Aufregung und es fehlte nicht viel so wäre Sturm geläutet worden.

Eine Menge mit Heugabeln und Sensen bewaffneter Bauern rottete sich zusammen. Den Sarg und etliche  von der Begleitung ließ man in die Kirche dann aber warfen sich Bauern dazwischen drängten den Trauerkondukt zurück wobei eine adlige Dame, nämlich Esther von Gebsattel „einen Streich mit einer Heugabel“ empfing und versperrten die Kirche in welcher nun der Ortsgeistliche nach lutherischen Ritus zu amtieren begann ( W. Sattler „Das Schloß Mainberg und seine Bewohner“).

Im weiteren Verlauf des Streites mit dem Reichsdorf Gochsheim unternahm der Fürstbischof  strenge Maßnahmen und ließ einige Bauern als Rädelsführer verhaften und einsperren. Der Gerichtsmann Hans Merz, als einer der eifrigsten Verfechter der heimatlichen Unabhängigkeit  wurde sogar auf dem Würzburger Wochenmarkt aufgegriffen und festgesetzt.

Der Würzburger Bischof Julius setzte den protestantischen Pfarrer Pankraz Spitznagel ein, der zuvor in Kirchschönbach und Uttenhofen amtiert hatte und nicht den allerbesten Ruf hatte.

Schließlich erklärte der Fürstbischof, dass Gochsheim von nun an würzburgisch sei.

Julius Echter hatte aber keine Vorstellung von der zähen Freiheitsliebe der Gochsheimer, denn sofort erhob sich die ganze Gemeinde wie ein Mann zur Verteidigung ihrer Unabhängigkeit (Not.-Inst. 12.Feb.1593 Gochsh. Weistum.).

Es begann ein langer Kampf  der Gochsheimer und auch der Sennfelder gegen den Fürstbischof von Würzburg und dabei sind beide Seiten nicht zimperlich geblieben.  Während der Bischof radikale Mittel wählte und auch seine Milizen einsetzte um die nach seiner Meinung rebellischen Bauern aus Gochsheim wieder zur Vernunft zu bringen, wählten die Gochsheimer alle möglichen Schikanen um den katholischen Kirchenbetrieb zu stören.

Die Dorfregierung  mit dem Reichsschultheißen und dem ganzen Dorfgericht suchte häufig Asyl in der Reichsstadt Schweinfurt, obwohl sie diese als Reichsvogtei aufgab und sich dem Fürstbischof von Würzburg an den Hals warf.

 

Zu dieser Zeit ließen die beiden Gemeinden Gochsheim und Sennfeld  in Hinblick darauf, dass sie mit neuen Überfällen rechneten vor dem Notar Sartorius erklären, falls die Dorfvorstände in Gefangenschaft gerieten, solle jeder Ortsbürger  die Befugnis haben die Gemeindeinteressen auf dem Rechtswege zu wahren und Anwälte zu bevollmächtigen. Falls die Ortsbürger dies aus Angst unterließen sollten die Anwälte der Gemeinden, besonders Dr. Sebastian Wolff für das Reichskammergericht  eine Generalvollmacht haben. Nachdem der Notar ein Protokoll darüber aufgenommen hatte, leisteten die anwesenden Gochsheimer und Sennfelder dem Notar an Eidesstatt das Handgelöbnis dem Protokoll gemäß sich verhalten zu wollen.

Julius Echter nannte dieses Gelöbnis einen „Rütlischwur“ und begann erneut mit schweren Maßnahmen die beiden Reichsdörfer zu schikanieren.

Fünf Jahre dauerte der Kampf der die Grundfesten des Gemeinwesens erschütterte und die persönlichen Leidenschaften aufs heftigste erregt hatte.

Dass er in Gochsheim siegreich endigte  ist nicht zuletzt das Verdienst des Reichsschultheißen Jonas Merz, der trotz vielfacher  Lebensgefahr und unter schweren persönlichen Opfern unbeirrt seinen Weg fortgesetzt und die Fahne der Unabhängigkeit stets hoch gehalten hatte. 23mal musste das Reichskammergericht zu Gunsten Gochsheims gegen Bischof Julius einschreiten. Dadurch wurden mache Wunden geheilt die den Gochsheimern durch  das rigorose Vorgehen des Bischofs  geschlagen wurden.

Die Reichsdörfer aber haben dadurch, dass sie ihre politische  Selbstständigkeit verteidigten auch ihren religiösen  und konfessionellen Besitzstand gesichert.

(Entnommen der „Nachricht von den Differenzen zwischen dem Bischof von Würzburg und den Reichsdörfern Gochsheim und Sennfeld“ von Pf. Schwarz Lanzendorf und der „Geschichte der fränkischen Reichsdörfer  Gochsheim und Sennfeld von Friedrich Weber)

 

 Leo Jäger Reichsvogt e.h. von Schweinfurt, Reichsschultheiß von Gochsheim e.h. und  Gästeführer.