Gab es in Schweinfurt auch Hexenprozesse?

Auch wenn Schweinfurt sich weitgehend dem Einfluß der katholischen Kirche und der von dieser besonders vehement betriebenen Inquisition entzogen hatte und nach der Reformation sich der lutherischen Bewegung angeschlossen hatte, konnte sich die Stadt nicht völlig der "Hexenverfolgung" entziehen. Die Fälle waren jedoch im Vergleich zu Bamberg und Würzburg nicht häufig und der letzte Prozeß fand 1721 statt, während andere Städte dies noch lange weiter duldeten oder dulden mussten.

 

Der erste nachgewiesene Vorgang dieser Art betraf im Jahre 1627 die Schweinfurterin Anna Grödin. Sie wurde durch ihren Nachbarn, dem Metzgermeister Schumm beim Schweinfurter Rat angezeigt. Sie habe ihn bestialisch angegriffen und ihn verflucht und hierdurch sei er gelähmt worden. Sie habe sein Kind mit sich aus der Stadt genommen und im Friedhof habe sie unter ihrem Kleid einen Totenschädel mitgenommen. Sie habe diesen Totenschädel einer anderen Frau geschenkt mit dem Hinweis, dieser helfe gegen Schwindsucht und ihre Tochter solle deshalb daraus trinken.

Der Rat wendete sich an die Nürnberger Juristenfakultät in Altdorf um ein Gutachten einzuholen, ob die Beschuldigungen genügen würden, ein Verfahren einzuleiten. Dies wurde verneint, man solle jedoch Frau Grödin weiterhin beobachten.

1629 ist ein weiterer Fall nachgewiesen, der nicht so gut ausging. Die Pfarrerstochter und Witwe Anna Pollmann wurde von mehreren Personen der Hexerei beschuldigt. Sie wurde daraufhin inhaftiert und gefoltert. Als sie trotz großer Qualen kein Geständnis ablegte ließ man sie frei, jedoch musste sie ihren Wohnort für immer verlassen. Ein mutiger Bürger namens Georg Lill richtete daraufhin eine vehemente Beschwerdeschrift an den Rat und den Bürgermeister über die unqualifizierten Kommissare, die Anna Pollmann ohne auch nur einen einzigen Beweis großes Unrecht zugefügt hätten. Anna Pollmann habe zu Unrecht ihr gesamtes Vermögen verloren und sei nun ihr Leben lang gesundheitlich stark geschädigt. Sie habe immer wieder unmenschliche Torturen über sich ergehen lassen müssen. Man habe mit angezündetem Schwefel Hals, Hand, Schenkel, Brust und Rücken verbrennen lassen.

Im Jahre 1644 wird Frau Maria Seuffert, Metzgersfrau, der Hexerei beschuldigt, verhaftet und der üblichen "Behandlung" unterzogen.


Ein weiteres Verfahren ist das aus dem Jahre 1665 gegen die Wartfrau Margareta Rumelin, gegen die der "Edelmann" und Junker Ulrich von Steinau aus Euerbach Klage beim Schweinfurter Rat und dem Bürgermeister führte, da sie angeblich sein neunjähriges Töchterlein, Eva Ursula genannt, zur Zauberei verführt habe. Unterstützt wurde die Anklage durch die "freiwillige" Aussage eines 14-jährigen Mädchens namens Anna Elisabeth Bullmann, welche meinte, die Wartfrau habe auch sie und zwei weitere Mädchen verführt. Diese sei jedoch nach diesem schweren Vorfall von zwei Engeln getröstet worden.

Am 8. März 1665 begann die Untersuchung. Hier der Titel des Protokolls:

"Heilige Dreifaltigkeit, vor dem Teufel uns bewahre."

Schließlich wird im förmlichen Verfahren Eva Ursula angehört, die alle Fragen und Behauptungen bejaht. Anschließend wird sie mit der Beschuldigten konfrontiert, woraufhin sie alles leugnet und auch auf verschiedene Vorhalte hin dabei bleibt. Festgestellt wurde jedoch, dass die Aussagen der beiden vernommen Kinder hinsichtlich des Ortes der Verführung nicht übereinstimmten. Eines behauptete, der Vorfall habe sich in einem Zimmer des Schlosses ereignet, das andere "verlegte" den Vorgang in den Garten des Schlosses. Am 13. März, also 4 Tage später, ordnete man ein Verhör mit dem dritten Mädchen unter harter Bedrohung an. Dieses Mädchen stellte schließlich unter Weinen alles in Abrede, was man Margareta Rumelin unterstellt hatte.

Daraufhin vernahm man die kleine Ursula erneut. Sie beschuldigte Margareta Rumelin der Verführung, die diesmal auf einer Wiese stattgefunden haben soll. Der Prozeß sollte sich noch bis Mai hinziehen. Auch wurde Margareta Rumelin unter Folter befragt. Sie blieb bei ihrem Abstreiten. Es wurden alle Beteilgten erneut vernommen. Am 7. April beschwerte sich von Steinau bei seinem Anwalt Johann Hoefel über die lange Prozeßdauer und die mögliche Freilassung der Wartfrau. Gutachten der Universität Jena ordneten weitere Untersuchungen an. Schließlich war auch Würzburg unzufrieden und verlangte die Überführung der Gefangenen nach Würzburg, da sich der Vorfall auf Würzburger Gebiet abgespielt habe. Dem entsprach man nicht. Mangels Beweisen kam Margareta Rumelin jedoch mit ihrem Leben davon, was von Steinau am 15. Mai bereits heftig beklagte.

Im Jahre 1697 wird am 06. Oktober eine Untersuchung gegen die Witwe des Christian Jäger wegen Hexerei eröffnet. Ihr wurde vorgehalten, sie habe einer Person, die im Fieber lag, drei Mittel verabreicht. Zum einen sei dies "Unschlitt" (heute sagt man dazu Talg) in Wasser gewesen. Sie rechtfertigte sich hierzu, dies sei erforderlich gewesen, damit sich die Kranke übergebe und das Fieber sinke. Zum zweiten habe sie auf Empfehlung eines Nachbarn die Person dreimal in einen Mehlsack stecken wollen, was die Kranke jedoch nach der ersten "Behandlung" nicht mehr duldete, da sie sich darin nicht bewegen könne und nur der Kopf herausschaue. Zum dritten habe die "Patientin" 77 Erbsen nehmen müssen und um 12 Uhr mittags ihr Wasser darauf ablassen müssen. Dies solle 24 Stunden stehen um es hinterher in den Rauchfang zu hängen. Davon verschwinde das Fieber. Zudem habe sie bei einer Nachbarin das sechsjährige Kind an den Tisch gebunden und mit einem Kleid bedeckt.

Der Ausgang dieses Verfahrens ist nicht bekannt.

 


Im Jahre 1671 musste sich das Schweinfurter Gericht mit einer Anzeige des Seelvaters befassen, der Margarete Freiling aus dem Seelhaus Beschuldigte, da sie zwei Mal nach Empfang des heiligen Abendmahls sich übergeben habe. Zwei Zeugen wurden hierfür benannt.

Diese leugnete zunächst soll dann jedoch ausgesagt haben (unter welchen Einflüssen?), sie habe sich übergeben, damit sie ihre Ruhe hätte, denn der Teufel wolle es so. Sie habe zwei "Dinger" in ihrem Leib, das habe der Teufel verursacht. Ihre Sünden seien so groß, dass sie ihr nicht vergeben werden könnten.

Auf die Frage, warum sie sich dann in der Kirche so andächtig verhalte, meinte sie, dies sei vom Teufel so verlangt.

Daraufhin wurden 10 Zeugen vernommen: Eine Zeugin sagt aus, die beschuldigte habe geäußert, in ihr wohnten zwei Alrunen. Auch wurde von Zeugen ausgesagt, sie schlafe während dem Gebete.

Die Beschuldigte selbst hatte alles mögliche bekundet: Sie sei eine Hexe und habe mit dem Teufel schon als Kind gebuhlt. Zudem habe sie bereits Kinder getötet. Schließlich sagt sie unter Folter aus, sie habe sechs Menschen getötet, die sechs Werke des Satans vollbracht; dabei widerspricht sie sich allerdings ständig und meint am Ende sie sei wohl nicht ganz bei Verstand.

Als am 30. Januar der Geistliche Hammig sie im Gefängnis besucht, meint er anschließend, das Credo könne sie beten. Von den zehn Geboten habe sie jedoch nur die drei ersten aufsagen können; während des Gebetes sei sie eingeschlafen und sei anschließend nicht wach zu bekommen gewesen. In der Nacht zuvor sei großes Gepolter zu hören gewesen. Auf die Frage an sie, was gewesen sei, habe sie gemeint, der Feind sei da gewesen, habe jedoch nichts getan.

Als man sie erneut folterte, leugnete sie erneut alles, doch später bestätigte sie alle möglichen Verfehlungen vor 4, 24 und 30 Jahren. Daraufhin gab Dr. Körfel ein Gutachten ab, sie solle nicht weiter gefoltert werden; sie bekenne alles und sei zu verurteilen.

Der Schweinfurter Jurist J. H. Segnitz gab ebenfalls ein Gutachten von sechs Seiten ab, in dem er die Folterverträglichkeit der bereits 70-jährigen bejahte, sodass 15 weitere Fragen zusammengestellt wurden, die an die Beschuldigte zu stellen seien.

Schließlich wurde Margarete Freiling hingerichtet.......

Einen weiteren Hexenprozeß gab es im Jahre 1714, der Hexerei und Diebstahl zum Gegenstand hatte. Angeklagt waren der Nadler Luck und seine Frau.

Sie sollte eine Zauberin sein, wobei andere Frauen von ihr auf dem Marktschiff von Haßfurt nach Schweinfurt behauptet hatten, dass ein vierzehnjähriger Junge namens Nikolaus Rickert einen großen Drachen gesehen habe, der auf dem Speicher der Familie Luck geflogen sei. Andere sagten aus, als sie abends am Brunnen gewesen seien, sei es auf einmal von dort ganz hell gewesen, dass sie vor Schreck davon gelaufen seien.

Nach Einholung eines Gutachtens der Universität Jena wurde Frau Luck gegen Kaution frei gelassen. Der Anzeigeerstatter Fischer, dem dies nicht gefiel, holte bei der Universität in Halle ein weiteres Gutachten ein, was jedoch nichts änderte.

Die Universität Jena hatte zur Vorsicht gemahnt, denn

1. auch Christus sei in die Wüste geführt und versucht worden

2. Beischlaf sei weder von Christus noch von den Aposteln verboten worden

 

Die Antwort macht deutlich, dass man hier ganz andere Hintergründe vermutete und ein Wandel im Denken über derartige Vorgänge stattfand.

 

Auch wenn dieses Thema in Schweinfurt aufgrund größerer Kritikfähigkeit der gebildeten Schicht und der Reformation in Relation zu Bischofsstädten äußerst zurückhaltend behandelt wurde, darf man froh sein, nicht in dieser Zeit gelebt zu haben.......

 

Quelle: "Der Hexenwahn vor und nach der Glaubensspaltung in Deutschland" von Johann Diefenbach, Mainz, Verlag von Franz Kirchhein, 1886